Die Sterne lügen nicht oder etwa doch?

Jeder hat sie schon einmal gesehen und viele nutzen sie als Basis der eigenen Kaufentscheidung: die Bewertungen von Produkten im Internet in Form von 1,2,3,4 oder 5 Sternen durch andere Kunden. Wenn man das Produkt schon nicht direkt anfassen kann, so möchte man zumindest erfahren, wie hoch die Zufriedenheit weiterer Käufer mit dem Objekt der Begierde ist.


Bewertungen
Ein allgemein akzeptiertes Bewertungsschema im Internet:

Man drückt seine Zufriedenheit (bzw. Unzufriedenheit) mit einem Produkt auf einer Bewertungsskala von 1 bis 5 Sternen aus.



Aber wie verlässlich sind diese Bewertungen wirklich?

  • 20 bis 30% der Kundenmeinungen sind gekauft
    Experten schätzen, dass etwa 20 bis 30% der Kundenmeinungen im Internet gekauft sind. Hersteller und Shopbetreiber haben längst erkannt, dass positive Bewertungen die wichtigste "Währung" beim Online-Kauf sind. Selbstverständlich spielen auch der Preis des Produktes, Lieferzeiten und Versandkosten eine Rolle. Aber gute Produktbewertungen anderer Kunden sind in den meisten Fällen kaufentscheidend.

  • "Schönschreiben" der eigenen Produkte
    Wo sich gutes Geld verdienen lässt, da hilft man gerne auch schon mal etwas nach, um sein Säckchen (noch) etwas praller zu füllen. Das ist in den Augen mancher Hersteller und Shopbetreiber kostengünstiger sowie zielführender als klassische Produktwerbung. Diese ist zumeist teuer und genießt keinen Vertrauensbonus beim potentiellen Käufer. Mittlerweile ist aus dem "Schönschreiben" ein Geschäftsmodell entstanden, d.h. es existieren Anbieter am Markt, die das Schreiben von Produktbewertungen als Dienstleistung gegen Bezahlung anbieten.

    Diese Anbieter haben das Schreiben von (gefälschten) Bewertungen regelrecht professionalisiert. Beispiel: Unter dem Deckmantel eines weiteren Kundennamens bedankt man sich für die eigene - gefälschte - Bewertung und berichtet z.B. von ähnlichen Erfahrungen. Selbst für Experten ist es daher oft schwer, eine gekaufte von einer ehrlichen Meinung zu unterscheiden.

  • "Schlechtschreiben" der Konkurrenzprodukte
    Aber nicht nur die eigenen Produkte werden gerne "schöngeschrieben", auch für die Produkte des Mitbewerbers spendiert so manches schwarze Schaf gerne den ein oder anderen Euro. Allerdings nicht für das "Schön-", sondern für das "Schlechtschreiben" der Konkurrenzprodukte. Hier und da eine "fundierte" Meinung, die eine positive Eigenschaft, aber vor allem die Schwächen des Konkurrenzproduktes beschreibt und schon steht das eigene Produkt im Vergleich besser da.

  • "Lobeshymne" auf die Konkurrenz
    Besonders perfide ist eine weitere Masche: Konkurrenzprodukte werden mit einer unglaubwürdigen Lobeshymne in den Himmel gelobt, so dass auch beim unbedarften Kaufinteressenten Zweifel aufkommen, ob die Bewertungen für dieses Produkt vertrauenswürdig sind. Die guten und ehrlichen Bewertungen, die sich das Produkt im Laufe der Zeit erworben hat, werden in einem solchen Fall oft unbewusst vom Interessenten in die gleiche Schublade gesteckt. Die Folge: das Produkt des Mitbewerbers fällt aus dem Favoritenkreis des Interessenten heraus - der Weg für das eigene Produkt ist geebnet.

  • Kostenlose Überlassung von Testexemplaren
    Auch das kostenlose Bereitstellen von Produkten an (private) Tester ist grenzwertig - zumindest dann, wenn der Hersteller dem Tester nahelegt, eine positive Produktbewertung zu schreiben oder ihm mit der gleichen (verdeckten) Absicht das Produkt nach dem Test kostenlos überlässt.

Einen 100%-igen Schutz vor gekauften Kundenmeinungen gibt es leider nicht. Achten Sie beim Lesen von Bewertungen auf die folgenden Dinge:

  • Wieviele Bewertungen hat das Produkt?
    Bei nur wenigen Bewertungen ist der Einfluss einer möglicherweise gekauften Meinung i.d.R. höher. Kann ein Produkt dagegen viele Bewertungen vorweisen, findet eine Selbstreinigung statt: der Einfluss gekaufter Meinungen auf das Gesamtergebnis verringert sich.

  • Gibt es durchweg nur sehr positive Bewertungen?
    Das wäre vermutlich zu schön, um wahr zu sein. I.d.R. wird es immer Leute geben, die mit der einen oder anderen Produkteigenschaft nicht einverstanden sind und das auch kundtun.

  • Hat ein relativ neues Produkt bereits viele Bewertungen?
    Auch hier sollte man Vorsicht walten lassen. Wenn es sich nicht gerade um ein Massenprodukt (z.B. das Apple iPhone oder Amazon Kindle) handelt, ist es eher unwahrscheinlich, dass bereits so viele echte Kunden das Produkt seit Markteintritt erworben und vor allem bewertet haben.

  • Ist die Bewertung in Werbesprache verfasst?
    Hier sollten Sie direkt Abstand von dieser Bewertung nehmen. Echte Kunden verwenden normalerweise keine Werbesprache, das deutet eher auf Leute hin, die dafür bezahlt werden, oder auf die Marketing-Abteilungen der Hersteller.

  • Ist die Bewertung nur positiv oder nur negativ?
    Eine Bewertung, die ein Produkt in den Himmel lobt oder es vollkommen "zerreißt", ist oftmals suspekt. Achten Sie darauf, dass in der Bewertung Pluspunkte bzw. Minuspunkte gegeneinander abgewogen werden.

  • Wer hat das Produkt bewertet?
    Hat der gleiche Rezensent bereits viele andere Bewertungen geschrieben? Auch hier ist Vorsicht geboten, denn der Verdacht liegt nahe, dass der Rezensent dafür bezahlt wird.

Selbstverständlich kann auch eine ehrliche Meinung in das obige Raster fallen. Ein Generalkonzept zum Herausfiltern von gekauften Bewertungen gibt es leider nicht. Versuchen Sie einfach jeder Bewertung mit einer gewissen Portion Skepsis zu begegnen und schalten Sie ihren gesunden Menschenverstand beim Lesen ein, dann sind Sie auf dem richtigen Weg.